Die Jäger in den Verteidigungskräfen
Mit Beendigung des Freiheitskriegs konnten die Jäger frei wählen, ob sie im Militärdienst bleiben oder ins Zivilleben wechseln wollten. Sehr viele nahmen ihren Abschied am 11.2.1919, gleich nachdem die Dienstverpflichtung, die sie in Libau unterschrieben hatten, beendet war. Anfang 1921 standen von den 1500 in Finnland lebenden Jägern 666 im Dienst der Armee oder des Grenzschutzes. In den Schutzkorps-Organisationen dienten 63 Jäger.
Während des Freiheitskrieges setzten im Offizierkorps der jungen Armee zwi-chen den Jägern und den Offizieren der ehemaligen Russischen Armee innere Unstimmigkeiten ein. Viele der ehemaligen Offiziere des Zaren waren aufgrund ihres höheren Dienstgrads Vorgesetzte der Jäger geworden. Das konnten die Jäger nicht akzeptieren. Aufgrund ihres Alters und ihrer auf die russische Armee begrenzten Kriegserfahrungen, sahen die Jäger die ehemaligen Offiziere des Zaren als unfähig an, Finnlands Armee zu entwickeln.
Generalleutnant Kari Wilkama, in den Jahren 1918–26 Oberbefehlshaber der Streitkräfte, wurde aufgrund seiner Stellung von den Jägern kritisiert, obwohl er auch bei Jägern geschätzt war. Der Streit endete damit, dass Generalmajor Aarne Sihvo im Jahr 1926 zum vorläufigen und 1928 zum regulären Kommandeur der Streitkräfte bestimmt wurde.
Das Jahr 1926 war sowohl für die Geschichte der Jäger als auch für die der Streitkräfte entscheidend, denn in dieser Phase endete der achtjährige Machtkampf zwischen den Jägeroffizieren und den Offizieren des Zaren. In den folgenden 33 Jahren war es immer ein Jäger, der in Friedenszeiten den höchsten Offizierrang als Befehlshaber oder Kommandeur der Verteidigungskräfte innehatte.
Jägeroffiziere, die als Befehlshaber der Streitkräfte oder als Kommandeure der Verteidigungskräfte dienten

Aarne Sihvo
1926–1933 ja 1946–1953

Jarl Lundqvist
1945-1946

Hugo Österman
1933–1939

Kaarlo Heiskanen
1953-1959

Erik Heinrichs
1945
Die Weiterbildung der Jäger
Die allgemeine Schulbildung zahlreicher Jägeroffiziere und -unteroffiziere war unvollständig oder mangelhaft. 366 Jäger waren ohne Volksschulabschluss. Nach dem Freiheitskrieg studierten viele Jä- ger aus eigener Initiative. Der Jägerbund (1921 gegr.) begann 1923 damit, Jägern Fortbildungsmöglichkeiten in Form von Mittelschul- und Hauptschulkursen für die oberen Klassen anzubieten.
41 Jäger, von denen ein Teil in der A mee verblieb, legten eine akademische Abschlussprüfung ab.
Als sich die Verhältnisse stabilisierten, wurde die Frage der Weiterbildung von Jägeroffizieren und -unteroffizieren in der Armee aktuell. Im Jahr 1919 begannen Ma- jor Gunnar Heinrichs sowie die Hauptleute Heikki Kekoni und Armas-Eino Martola ihr Studium an der Französischen Militäraka- demie. Insgesamt studierten 26 Jägeroffiziere an ausländischen Militärakademien: in Frankreich, Deutschland, Schweden und Italien.
Es waren Jäger, die 1924 bei der Gründung der Finnischen Militärakademie (Kriegshochschule) mitwirkten. An dieser Militärakademie absolvierten insgesamt 73 Jägeroffiziere den allgemeinen Generalstabsoffizierlehrgang bzw. den militärtechnischen Lehrgang. Auch auf anderen Lehrgängen wurden Jägeroffiziere weitergebildet.
1921 wurde für die Jägerunteroffiziere in der Kadettenschule ein viermonatiger Offizierslehrgang abgehalten. Die meisten der 54 Teilnehmer wurden danach zu Fähnrichen befördert.
78 Jäger besuchten den Reserveoffizierlehrgang. Ein großer Teil von ihnen waren aktive Unterführer, die auch nach Absolvieren des Lehrganges als Portepeeunteroffiziere im Dienst blieben.
Die Jägerunteroffiziere erhielten auch viele Weiterbildungskurse auf ihren Spezialgebieten. Dies zog jedoch keine Beförderungen nach sich, denn viele Jägerunteroffiziere hatten schon 1918 den damaligen höchsten Unteroffiziersdienstgrad des Feldwebels erreicht.
Die Weiterbildung von Jägeroffizieren und -unteroffizieren war sehr effektiv. Es wurden insgesamt 860 verschiedene Lehrgänge und Prüfungen durchgeführt.
Die Jäger als Ausbilder der Finnischen Armee
Die Jäger behielten auch nach dem Freiheitskrieg ihre maßgebliche Rolle als Ausbilder von Wehrpflichtigen und Stammpersonal der Armee des selbständigen Finnland auch nach dem Freiheitskrieg. Insbesondere die Ausbildung der Reserveoffiziere lag in ihrer Hand. Nachdem sich eine reguläre Reserveoffizierausbildung etabliert hatte, war JägerHauptmann Kösti Sundberg ab 1.3.1920 Leiter des 1. Lehrgangs. Weitere 13 Jahre lang lag die Leitung der Reserveoffiziersschule in den Händen von Jägern. Kommandeure waren die Oberstleutnante Taavetti Laatikainen und Auno Kaila sowie Oberst Viljo Kauppila. Bis zum Winterkrieg konnten 15 000 Reserveoffiziere ausgebildet wer- den. Das Resultat der Ausbildungstätigkeit der Jäger zeigte sich im sehr wirkungsvol- len Einsatz der Reserveoffiziere während des Winter- und Fortsetzungskrieges.
Im Januar 1919 hatte die Kadettenschule ihre Arbeit aufgenommen. Ihr Lehrkörper bestand anfangs in erster Linie aus älteren Offizieren, die die Kadettenschule in Hamina besucht hatten. Die Befehlshaber der Kadettenkompanie waren jedoch Jäger, z.B. Major Ruben Lagus. Der erste Jäger unter den Leitern der Kadettenschule war ab 1925 Oberstleutnant Heikki Nurmio. Auf ihn folgte Oberst Taavetti Laatikainen. Der letzte als Leiter der Kadettenschule einge-etzte Jägeroffizier war Oberst Into Salmio.
1924 begann die Militärakademie unter der Leitung von Jägern ihre Tätigkeit. Major Armas-Eino Martola, der 1921 seine Ausbildung an der französischen Militärakademie abgeschlossen hatte, definierte die Ausbildungsziele der Militärakademie und verfasste den Lehrplan. Erster Leiter wurde der Artilleriespezialist Oberst Vilho Petter Nenonen, der in Russland ausgebildet worden war. Folgende Führer waren bis in die Kriegsjahre hinein Jäger.
Für die Entwicklung finnischer Kriegsstrategie spielten die Militärlehranstalten eine bedeutende Rolle. Die Jäger waren zentral an der Entwicklungsarbeit beteiligt. Daraus erwuchs eine den finnischen Ver- hältnissen angepasste Taktik und Kampf- weise. Ab Mitte der 20-er Jahre wurde die Unterrichtsmethode zunehmend nach psychologischen und pädagogischen Gesichtspunkten ausgerichtet.
Die Zahl der Jägerunteroffiziere in den Streitkräftennahm nahm bald nach dem Freiheitskrieg ab. Dennoch bildeten die Jägerfeldwebel in den 20-er und 30-er Jahren eine bedeutende Gruppe innerhalb des Personals. Sie waren den jungen Offizieren Ratgeber und den jüngeren Unteroffizieren Vorbild.
Die Jäger beim Aufbau der Verteidigungskräfte
In den Jahren nach dem Freiheitskrieg ging die Führung der Streitkräfte zunehmend in die Hände der Jäger über Generalmajor Aarne Sihvo wurde 1926 zum Befehlshaber der Streitkräfte ernannt. Der erste Jäger als Generalstabschef war Jägeroberst Erik Heinrichs in den Jahren 1925–1926, gefolgt von Generalmajor Martti Wallenius von 1925–1930 und Generalleutnant Lennart Oesch von 1930 bis 1940.
Die 2. und 3. Division des Heeres zu Friedenszeiten standen ab 1925 und die 1. Division ab 1929 unter dem Kommando von Jägern. Die Kommandeure der Truppenverbände waren zum großen Teil Jägeroffiziere.
Die Schutzkorpsorganisation unterstand dem Präsidenten der Republik und gehörte wie das Militär zu den Streitkräften des Staates. Die Schutzkorps wurden im Jahr 1921 den Jägern unterstellt, als der damalige Oberstleutnant Lauri Malmberg zu ihrem Befehlshaber ernannt wurde. Er hatte dieses Amt bis Herbst 1944 inne, als die Schutzkorps auf Befehl der allierten Kontrollkommission aufgelöst wurden. Alle seine Stabschefs waren Jäger. Die höchste Anzahl aktiver Jäger in den Schutzkorps belief sich auf über 100, Anfang 1939 waren von insgesamt 58 Obersten 40 Jäger, die in ihre Zivilberufe zurückgegangen waren, dienten aktiv als örtliche Leiter und Aus- bilder in den Schutzkorps.
Im Verteidigungsministerium erfüllten mehrere Jäger wichtige Aufgaben. Oiva Olenius, der schon seit 1918 als Leutnant im Kriegsministerium gedient hatte, dort 1926 zum Chef der Zentralabteilung und gleichzeitig als Oberstleutnant zum Staatssekretär aufgestiegen war, wurde 1939 Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Dies war er bis 1955, als er im Range eines Generals der Infanterie in den Ruhestand trat.
Zahlreiche Jägeroffiziere und -unteroffiziere waren auf unterschiedlichen Ebenen an der Entwicklung des Grenzschutzes beteiligt, der dem Innenministerium unterstellt ist. Zum Chef des Grenzschutzes wurde 1935 Oberst Viljo Tuompo ernannt. Er hatte dieses Amt bis 1945 inne, diente allerdings während des Fortsetzungskrieges als Chef des Führungsstabes der Verteidigungskräfte.
Die Jäger spielten in den Jahren 1923–26 eine wichtige Rolle bei der Verteidigungsreform. Ein Komitee unterbreitete detaillierte und in vieler Hinsicht weitsichtige Vorschläge zur Entwicklung der Streitkräfte. Der Vorsitzende des Komitees, Rektor Eirik Hornborg, war Jäger, ebenso wie drei von acht Mitgliedern.
Die Jäger waren entscheidend an der Entwicklung der gesamten Streitkräfte beteiligt. Anfang 1939 waren 40 der 58 Obersten Jäger. Jägerhauptleute hatten wesentlichen Anteil an praktischen Füh- rungsaufgaben und ihrer Entwicklung. 124 von ihnen waren Anfang 1939 in vielen verschiedenen Funktionen tätig. In dem Jahr standen insgesamt 385 Jäger, darunter 14 Generale im aktiven Dienst.
Meri- ja ilmavoimat
Für die finnische Küstenverteidigung und später für die Entwicklung der gesamten Verteidigung zur See war ab 1924 der damalige Oberstleutnant und spätere Generalleutnant Väinö Valve ver- antwortlich. Er war ursprünglich Artillerieoffizier. 1924 wurde er zum Befehlshaber der Küstenartillerie und später der Küstenverteidigung sowie der Verteidigung zur See ernannt. In den Jahren 1933–1946 wirkte er als Befehlshaber der Marine (Flotte und Küstenartillerie).
Eigentliche Marineoffiziere gab es unter den Jägern wenige, denn im Jägerbataillon 27 hatte keine Kriegsmarineausbildung stattgefunden. Einige hatten vor ihrer Zeit als Jäger eine Ausbildung bei der Handelsmarine erhalten. Von den Jägeroffizieren war es Fregattenkapitän Kauko Ikonen, der in den Jahren 1930-1936 als Kommandeur der Küstenflotte fungierte. Kapitän zur See Väinö Miettinen war von 1930–1951 Chef der Küstenwache.
Dentscheidend für die Verteidigung zur See war der Aufbau einer Flotte und die Modernisierung der Küstenverteidigung. Aufgrund des 1927 erlassenen Marinegesetzes wurden zwei Panzerschiffe, vier U-Boote, vier Torpedoboote und das Schulschiff „Suomen Joutsen“ („Schwan von Finnland“) angeschafft. Generalmajor Valve war als Kommandeur der Marine und seit 1938 als Mitglied des Verteidigungs- rates bestrebt, die Verteidigung zur See weiterzuentwickeln.
Die Mitwirkung der Jäger am Aufbau der Luftwaffe war dadurch begrenzt, dass nur ein einziger, Bertel Mårtenson, in Deutschland eine Fliegerausbildung er- halten hatte. Er schied 1927 als Major aus der Armee aus. Nach dem Freiheitskrieg legten 9 Jäger die Prüfung zum Piloten und 13 zum Navigator und Beobachter ab. Beinahe 20 Jahre lang dienten Jägeroffiziere in der obersten Führung der Luftwaffe. Oberst Väinö Vuori, von seiner ursprünglichenAusbildung her Infanterist, war Chef des Luftwaffenstabs in den Jahren 1924– 1926 und Kommandeur der Luftwaffe von 1926–1932.
Als sein Nachfolger wurde Oberst Jarl Lundqvist, der zuvor bei der Artillerie gedient hatte, zum Kommandeur der Luftwaffe ernannt. Bis 1945 war er als Generalleutnant Befehlshaber der Luftstreitkräfte; danach wurde er Kommandeur der Verteidigungskräfte.
Die Nachkriegszeit
Nach dem Ende des Fortsetzungskrieges verringerte sich die Anzahl der Jäger, die in den Verteidigungskräften dienten schnell. Reservisten und Freiwillige wurden in die Heimat entlassen. Viele schieden freiwillig aus dem aktiven Dienst aus. Im Herbst 1944 nahmen fünf Jägergenerale ihren Abschied, im Jahr 1946 zwölf und im dar- auf folgenden Jahr weitere sechs. Ein Teil der Jäger blieb im Dienst. Befehlshaber der Verteidigungskräfte war 1945 General der Infanterie Erik Heinrichs. Er wurde aufgrund der Affäre um die heimlich angelegten Waffendepots aufgefordert, seinen Abschied zu nehmen. Ihm folgten auf seinem Posten wiederum Jäger nach: Generalleutnant Jarl Lundqvist (1945–1946) und die Generale der Infanterie Aarne Sihvo (1946–1953) und Kaarlo Heiskanen (1953–1959).
General der Infanterie Alonzo Sundman war der letzte Jägeroffizier als Chef des Generalstabs. Er schied nach Ableistung der möglichen Maximaldienstzeit 1955 aus. Im gleichen Jahr ging der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, General der Infanterie Oiva Olenius, in Pension. Generalmajor Erkki Raappana war von 1945–1949. Chef des Grenzschutzes von 1945–1949. Sein Nachfolger, Generalleutnant Albert Puroma diente in dieser Funktion bis 1956.
Anfang 1945 dienten noch 166 Jäger als Offiziere, Unteroffiziere oder Zivilbeamte in den Streitkräften. Ihre Zahl verringerte sich bis 1950 auf 53, 1955 waren es noch 20. Als letzter Jäger ging General der Infanterie Kaarlo Heiskanen, der seit 1953–1959 als Befehlshaber der Verteidigungskräfte gedient hatte, nach seiner vollen Dienstzeit in Pension. Die militärische Landesverteidigung Finnlands war damit an eine Generation übergegangen, die im selbständigen Finnland von Jägern herangezogen worden war.